Museum Hours

Das Team war zwischen einer und sieben Personen groß. In der Hauptproduktionszeit filmte ich zusammen mit Co-Kameramann Peter Roehsler, der in erster Linie aus dem Dokumentarfilmbereich kommt und alte, lichtstarke Festbrennweiten gesammelt hat (die wir ausschließlich verwendeten). Die Innenaufnahmen wurden digital gedreht, sowohl mit Red-Kameras als auch mit DSLR-Kameras.

Den Großteil der Außenaufnahmen drehte ich selbst auf 16mm-Film. Bruno Pisek war für die Tonaufnahmen verantwortlich und bediente zugleich die Tonangel. Wir hatten keine Beleuchter oder Helfer, keinen Drehbuchautor, keine Abteilung für Frisur, Makeup oder Kostüme. Wir verwendeten Tageslicht und bereits vorhandenes künstliches Licht. Es gab keinen Art Director oder Requisiteur und die meisten Szenen wurden ohne Rücksicht auf Passanten oder Aktionen im Hintergrund gedreht. Einige Dialoge wurden im Drehbuch sorgfältig ausgearbeitet, andere komplett improvisiert und in den Szenen kam es oft zu einer Kombination dieser beiden Vorgangsweisen. Die Drehorte entdeckte ich im Zuge meinen Streifzügen in den letzten vier Jahren, manchmal geleitet von Hinweisen der Kunstwerke in den Museen (wie etwa im Fall von Genrebildern von Gasthausszenen). Rein zufällig nahm ich eine U-Bahn bis zur Station Josefstadt und rein zufällig rettete ich mich vor der Kälte in eine scheinbar nichtssagende Bar. Die Besitzer servierten mir freundlicherweise einen ganzen Berg an Kartoffeln und Käse. Die Wände waren mit tausenden Porträt- Schnappschüssen bedeckt – das war natürlich ein weiteres Museum und sowohl der Ort als auch seine Bewohner wurden zu einem entscheidenden Element für den Film. Vor der Hauptproduk tionszeit filmte ich wochenlang mit einer aufziehbahren 16mm Bolex-Kamera auf der Straße. Die Bilder, die ich festhielt, wurden später förmlich zu Dingen, an denen die Charaktere vorbeikamen, die sie sahen oder an die sie sich erinnerten. An einer Straßenecke stießen wir beispielsweise auf einen Mann, der eine Sprache sprach, die wir nicht kannten und der mir erlaubte, eine Porträtaufnahme von ihm zu machen. Später fand ich sein Gesicht im Kunsthistorischen Museum wieder – er starrte mir aus einem französischen Porträt eines Hofnarren aus dem Jahr 1442 entgegen.

Ich hatte bereits einmal zuvor mit meinem Hauptproduzenten und Produktionsleiter Paolo Calamita gearbeitet, als ihm aufgetragen wurde, mir bei einem Auftragswerk für die Viennale – Empires of Tin – zu helfen. (Vic Chesnutt stand im Mittelpunkt jenes Projektes und viel von seinem Wesen steckt in diesem.) Paolo war in alle Bereiche von Museum Hours involviert – von dessen Konzeption und Finanzierung über die entscheidende Besetzung von Ela Piplits bis zur harten Schnittarbeit und Postproduktion und schließlich den Übersetzungen. Er war kein angeheuerter Koordinator, sondern mein Weggefährte und Mitverschwörer, ohne den dieser Film nicht existieren würde. Ich konnte auch von der langjährigen Erfahrung und der Unterstüzung unserer österreichischen Ko-Produktionsfirma KGP Kranzelbinder Gabriele Production profiteren. KGP übernahm nicht nur die gesamte Koordination mit den Förderern, sondern begleitete und unterstützte das Projekt den gesamten Zeitraum hindurch. Wie schon in meinem früheren Feature Chain diente Guy Picciotto als Kritiker, Leser und Betrachter der Rohschnitte. Ich begann gemeinsam mit Marc Vives am Schnitt zu arbeiten, der einige entscheidende Beiträge lieferte, musste mich dann jedoch wegen finanzieller Einschränkungen und Terminkollisionen von ihm trennen. Daraufhin bearbeitete ich das Material allein zu Hause – mit Unterbrechungen – über einen Zeitraum von fast einem Jahr.
Als sich ein Wiener Museumswärter mit einer rätselhaften Besucherin anfreundet, wird
das prächtige Kunsthistorische Museum zu einer mysteriösen Wegkreuzung, an der eine Ent-
deckungsreise beginnt – in ihrer beiden Leben,
die Stadt sowie die Art und Weise, wie Kunstwerke die Welt widerspiegeln – und letztlich auch formen.


Jem Cohen | A/USA, 2012 | 106 Min. | 1,78:1
englisch/deutsch | Tonmischung 5.1
Aufnahmeformat Super 16mm / 2K / HD
Vorführformat DCP / HDCAM